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Hebräer 5

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Verse 1-7

Aaron und Christus als Hohepriester


Heb 5,1. Der Schreiber gibt nun nähere Erklärungen über die Person des Hohenpriesters. Seine Leser waren mit dieser Person sehr vertraut. Sie kannten sie gut aus dem Alten Testament und ganz praktisch aus der Zeit, als sie noch nicht an den Herrn Jesus glaubten. Zuerst weist der Schreiber auf das Hohepriestertum hin, wie es unter dem irdischen Volk Gottes ausgeübt wurde und dessen erster Vertreter Aaron war. Danach vergleicht er das Hohepriestertum des Herrn Jesus mit dem von Aaron, um deutlich zu machen, wie weit es über das Hohepriestertum Aarons erhaben war.

Das Hohepriestertum des Herrn Jesus hat er in Hebräer 2–4 schon kurz angesprochen (Heb 2,17; Heb 3,1; Heb 4,14; 15), doch jetzt geht er ausführlich darauf ein. Diese Belehrung zieht sich durch bis Hebräer 10. Für die jüdischen Christen, die immer die Neigung hatten, zum alten Stand der Dinge zurückzukehren, war diese Belehrung sehr wichtig. Sie ist auch für die Christenheit wichtig, wo vieles an das Judentum erinnert.

Es gab einige Dinge, die für den Hohenpriester in Israel kennzeichnend waren. Er war jemand aus dem Volk, ein Mensch, aus Menschen genommen. Darum war es notwendig, dass Christus Mensch wurde, obwohl du nicht vergessen darfst, dass Er auch weit mehr ist, nämlich der einzigartige, ewige Sohn Gottes.

Weiter hat der Dienst des Hohenpriesters mit Menschen zu tun. Menschen sind der Gegenstand seines Dienstes, er setzt sich für sie ein. Sie sind jedoch nicht das Ziel an sich. Im Dienst des Hohenpriesters geht es um die „Sachen mit Gott“. Es geht um seine Interessen, seine Ehre und darum, dass es ein reines und Ihm geweihtes Volk ist, das Ihn anbetet und Ihm dient.

Im Alten Testament bestand dieser Dienst im Opfern von „sowohl Gaben als auch Schlachtopfern für Sünden“ (vgl. Heb 8,3; Heb 9,9). Bei „Gaben“ kannst du an die unterschiedlichsten Opfer denken und bei „Schlachtopfer“ vor allem an die blutigen Opfer. Sünden bewirken eine Trennung zwischen Gott und seinem Volk. Wenn dann Opfer für die Sünden gebracht wurden, konnte Gott wieder bei seinem Volk sein. Es war die Aufgabe des Hohenpriesters, die Verbindung zwischen Gott und dem Volk wiederherzustellen.

Heb 5,2. Weil Aaron als menschlicher Hoherpriester selbst auch ein Sünder war, konnte er nachsichtig sein. Christus war Sünden gegenüber niemals nachsichtig. Er starb für die Sünden. Die Nachsicht des menschlichen Hohenpriesters war ein unzulängliches, unvollständiges Mitgefühl. Er hat Nachsicht gegenüber den „Unwissenden und Irrenden“. Das sind zwar Sünder, aber sie leben nicht in bewusster Rebellion gegen Gott. Für solche wäre kein Opfer möglich (Heb 10,26-29).

Heb 5,3. Weil Aaron ein menschlicher Hoherpriester war, musste er auch für sich selbst opfern. Das galt sowohl für Aaron als auch während der folgenden Jahrhunderte bis auf Christus für seine ungefähr achtzig Nachfolger. Er vertrat zwar das Volk vor Gott, aber zugleich war er einer von ihnen, auch in seiner Sündhaftigkeit. Die Schwachheit, die hier gemeint ist, weist auf die Neigung, zu sündigen, hin. Diese Neigung war bei Christus nicht vorhanden. Er opferte nicht für sich selbst, Er opferte sich selbst.

Heb 5,4. Das Hohepriestertum ist kein Amt, das jemand für sich fordern konnte. Dass so etwas im untreuen Israel doch geschah (2Chr 26,16-21; vgl. Lk 3,2, wo von zwei Hohepriestern die Rede ist), ändert nichts an Gottes Anordnungen. Gott hat bestimmt, wer schließlich Hoherpriester sein soll, was bei Zadok und seinen Söhnen zu sehen ist (Hes 44,15; 16; Hes 48,11). Jemand ist Hoherpriester aufgrund einer Berufung, nicht durch Anmaßung. So wie Aaron von Gott berufen war, so ist auch Christus von Gott berufen, wenn auch auf eine Weise, die zugleich einen großen Unterschied zu der Berufung Aarons aufweist.

Du siehst also in den Heb 5,1-4 einige Übereinstimmungen zwischen Aaron und Christus. Ich stelle sie noch einmal einander gegenüber und entdecke das Folgende:
1. Sowohl Christus als auch Aaron sind für Menschen bestellt in den Sachen mit Gott,
2. sie opfern für die Sünden das Volkes und
3. nehmen sich nicht selbst die Ehre.

Doch es gibt auch Unterschiede, und die sind zahlreicher als die Übereinstimmungen.
1. So ist Aaron aus Menschen genommen, während Christus Mensch geworden ist und zugleich der eingeborene Sohn Gottes ist;
2. Aaron ist mit Schwachheit behaftet, mit der Neigung, zu sündigen, während Christus ohne Sünde ist;
3. Aaron musste für sich selbst opfern, während Christus sich selbst für andere opferte.

Im nächsten Abschnitt wird noch auf den Unterschied hingewiesen
1. zwischen der Weise, wie Aaron berufen wurde, und der Weise, wie Christus berufen wurde (Heb 5,5), und
2. auf den Unterschied zwischen dem Priestertum nach der Ordnung Aarons und dem nach der Ordnung Melchisedeks (Heb 5,6).
3. In Heb 5,5 wird durch Psalm 2 bestätigt, dass die Herrlichkeit der Berufung Christi zum Hohenpriester größer ist als die Berufung Aarons (Ps 2,7).
4. In Heb 5,6 wird die Herrlichkeit der Priesterordnung Christi gegenüber der von Aaron durch Psalm 110 beleuchtet (Ps 110,4).

Heb 5,5. Wir schauen uns zuerst die Anführung aus Psalm 2 an, wo die Herrlichkeit seiner Person deutlich wird (Ps 2,7). Der Anfang des Verses zeigt noch Übereinstimmung mit Aaron. Christus hat nie seine eigene Ehre gesucht, auch nicht im Hohepriestertum. Doch dann kommt der Gegensatz: Er ist persönlich der Sohn. Das verleiht seinem Hohenpriestertum eine viel höhere Würde als dem Aarons. Er wurde in Maria durch Gott gezeugt (Lk 1,35), und darum ist Er auch als Mensch der Sohn Gottes. Dieser Mensch ist der Hohepriester bei Gott, was Er als Gott der Sohn nicht war und nicht sein konnte. Doch erst als Er Mensch geworden war, konnte Er Hoherpriester werden.

Heb 5,6. Die andere Anführung, aus Psalm 110 (Ps 110,4) fügt noch mehr Herrlichkeit hinzu, was aus den einleitenden Worten deutlich wird: „Wie er auch an einer anderen Stelle sagt …“ Der Schreiber schöpft, natürlich unter der Leitung des Heiligen Geistes, aus dem Reichtum des Wortes Gottes, um immer wieder einen anderen Lichtstrahl auf Christus fallen zu lassen. Er geht dabei nicht beliebig vor, sondern zitiert immer wieder Abschnitte, die den Glanz und die Ehre Christi vergrößern und also seine Darlegung bekräftigen und verdeutlichen.

In der Anführung von Psalm 110 wird die Herrlichkeit des Amtes Christi deutlich. Psalm 110 ist ein Psalm, der, wie viele Psalmen, auf das Friedensreich Bezug hat. Die Feinde des Messias sind dann als Schemel seiner Füße hingelegt (Ps 110,1). Er empfängt den Stab seiner Macht aus Zion (Ps 110,2) inmitten eines willigen und feiernden Volkes Gottes (Ps 110,3), während Er feindliche Könige zerschmettert und die Nationen richtet (Ps 110,5; 6). Bei all dieser Herrlichkeit und Großartigkeit gibt es auch einen Rückblick auf sein Leben auf der Erde, als Er von Gottes Erquickungen abhängig war (Ps 110,7).

Aus den beiden Anführungen (Psalm 2 und Psalm 110) wird deutlich, dass Gott erklärt: Der Messias ist sowohl Sohn als auch Priester. Sohnschaft und Priestertum sind dadurch sehr eng miteinander verbunden. Das gilt für Christus, und das gilt auch für uns.

Ich gehe hier noch nicht auf die „Ordnung Melchisedeks“ ein, denn die wird in Hebräer 7 näher erläutert. Was jedoch hier auffällt, ist, dass Er nicht Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks ist, sondern Priester nach der Ordnung Melchisedeks. Dazu gibt es hier eine schöne Erklärung. Voraussetzung für einen Hohenpriester ist, dass andere Priester da sind, doch als Priester nach der Ordnung Melchisedeks ist der Herr Jesus allein.

Die Ordnung Melchisedeks ist eine Ordnung des Segens: Melchisedek segnete Abraham von Gott und pries Gott für das, was Er für Abraham getan hatte (1Mo 14,18-20). Nach dieser Ordnung ist der Herr Jesus König-Priester, der Segen von Gott für das Volk Gottes auf der Erde bringt. Das wird im tausendjährigen Friedensreich seine volle Erfüllung finden. Das Priestertum Melchisedeks, das im Alten Testament nur in 1. Mose 14 und in Psalm 110 erwähnt wird, gab es schon vor dem Priestertum Aarons und wird auch bestehen bleiben, wenn das Aarons nicht mehr notwendig ist.

Heb 5,7. In diesem Vers weist der Schreiber auf beeindruckende Weise auf das hin, was im Leben Aarons oder Melchisedeks keinen Platz hatte, wohl aber im Leben Christi. Zwischen seiner Zeugung als Sohn Gottes auf der Erde und seiner Verherrlichung zum Priester im Himmel liegen die Tage seines Fleisches auf der Erde. Seine Herrlichkeit bringt Ihn nicht näher zum Elend des Menschen, das tut seine Geschichte auf der Erde.

In dem, was hier von Ihm geschildert wird, lernst du, wie wirklich Er imstande ist, an deiner Mühe und deinem Kummer teilzunehmen. Auf der Erde („in den Tagen seines Fleisches“) durchstand Er, in Abhängigkeit von Gott, die ganze Todesangst. Er flehte, davon befreit zu werden, denn Er wollte sich nicht selbst befreien, weil Er doch gekommen war, um zu gehorchen. Sein Leben auf der Erde befähigte Ihn, in Verbindung mit uns Hoherpriester zu werden. Zugleich führte sein Leben auf der Erde zu dem Opfer seiner selbst, und darin ist Er einmalig.

Er brachte keine Bitten und kein Flehen dar, als Er in der Wüste durch Satan versucht wurde. Doch das tat Er in Gethsemane, als Er die bevorstehende Gottverlassenheit vor Augen hatte. Alle Leiden von Seiten des Menschen ertrug Er mit Freude, etwas, was mancher Märtyrer in seiner Nachfolge ebenfalls tat. Aber zur Sünde gemacht zu werden, dem konnte Er nicht mit Freude entgegensehen. Darin konnte Ihm auch niemand folgen. Als Er das vor sich sah, brachte Er Seine Bitten und sein Flehen dar, sandte sie nach oben.

Er tat das in dem Vertrauen, dass Gott Ihn aus dem Tod erretten konnte. Es ging nicht darum, dass Er von dem Tod befreit werden wollte, denn der war notwendig. Das wusste Er, und darum bat Er: „Doch nicht mein Wille, sondern der deine geschehe“ (Lk 22,42). Und Er wurde erhört, denn Gott hat Ihn auferweckt! Er ist seiner Frömmigkeit wegen erhört worden, wegen seines vollkommenen Vertrauens auf seinen Gott, seiner völligen Hingabe, seiner Abhängigkeit. Was für ein Herr!

Lies noch einmal Hebräer 5,1–7.

Frage oder Aufgabe: Zähle einige Herrlichkeiten des Herrn Jesus aus diesem Abschnitt auf und danke Gott dafür.

Verse 1-7

Aaron und Christus als Hohepriester


Heb 5,1. Der Schreiber gibt nun nähere Erklärungen über die Person des Hohenpriesters. Seine Leser waren mit dieser Person sehr vertraut. Sie kannten sie gut aus dem Alten Testament und ganz praktisch aus der Zeit, als sie noch nicht an den Herrn Jesus glaubten. Zuerst weist der Schreiber auf das Hohepriestertum hin, wie es unter dem irdischen Volk Gottes ausgeübt wurde und dessen erster Vertreter Aaron war. Danach vergleicht er das Hohepriestertum des Herrn Jesus mit dem von Aaron, um deutlich zu machen, wie weit es über das Hohepriestertum Aarons erhaben war.

Das Hohepriestertum des Herrn Jesus hat er in Hebräer 2–4 schon kurz angesprochen (Heb 2,17; Heb 3,1; Heb 4,14; 15), doch jetzt geht er ausführlich darauf ein. Diese Belehrung zieht sich durch bis Hebräer 10. Für die jüdischen Christen, die immer die Neigung hatten, zum alten Stand der Dinge zurückzukehren, war diese Belehrung sehr wichtig. Sie ist auch für die Christenheit wichtig, wo vieles an das Judentum erinnert.

Es gab einige Dinge, die für den Hohenpriester in Israel kennzeichnend waren. Er war jemand aus dem Volk, ein Mensch, aus Menschen genommen. Darum war es notwendig, dass Christus Mensch wurde, obwohl du nicht vergessen darfst, dass Er auch weit mehr ist, nämlich der einzigartige, ewige Sohn Gottes.

Weiter hat der Dienst des Hohenpriesters mit Menschen zu tun. Menschen sind der Gegenstand seines Dienstes, er setzt sich für sie ein. Sie sind jedoch nicht das Ziel an sich. Im Dienst des Hohenpriesters geht es um die „Sachen mit Gott“. Es geht um seine Interessen, seine Ehre und darum, dass es ein reines und Ihm geweihtes Volk ist, das Ihn anbetet und Ihm dient.

Im Alten Testament bestand dieser Dienst im Opfern von „sowohl Gaben als auch Schlachtopfern für Sünden“ (vgl. Heb 8,3; Heb 9,9). Bei „Gaben“ kannst du an die unterschiedlichsten Opfer denken und bei „Schlachtopfer“ vor allem an die blutigen Opfer. Sünden bewirken eine Trennung zwischen Gott und seinem Volk. Wenn dann Opfer für die Sünden gebracht wurden, konnte Gott wieder bei seinem Volk sein. Es war die Aufgabe des Hohenpriesters, die Verbindung zwischen Gott und dem Volk wiederherzustellen.

Heb 5,2. Weil Aaron als menschlicher Hoherpriester selbst auch ein Sünder war, konnte er nachsichtig sein. Christus war Sünden gegenüber niemals nachsichtig. Er starb für die Sünden. Die Nachsicht des menschlichen Hohenpriesters war ein unzulängliches, unvollständiges Mitgefühl. Er hat Nachsicht gegenüber den „Unwissenden und Irrenden“. Das sind zwar Sünder, aber sie leben nicht in bewusster Rebellion gegen Gott. Für solche wäre kein Opfer möglich (Heb 10,26-29).

Heb 5,3. Weil Aaron ein menschlicher Hoherpriester war, musste er auch für sich selbst opfern. Das galt sowohl für Aaron als auch während der folgenden Jahrhunderte bis auf Christus für seine ungefähr achtzig Nachfolger. Er vertrat zwar das Volk vor Gott, aber zugleich war er einer von ihnen, auch in seiner Sündhaftigkeit. Die Schwachheit, die hier gemeint ist, weist auf die Neigung, zu sündigen, hin. Diese Neigung war bei Christus nicht vorhanden. Er opferte nicht für sich selbst, Er opferte sich selbst.

Heb 5,4. Das Hohepriestertum ist kein Amt, das jemand für sich fordern konnte. Dass so etwas im untreuen Israel doch geschah (2Chr 26,16-21; vgl. Lk 3,2, wo von zwei Hohepriestern die Rede ist), ändert nichts an Gottes Anordnungen. Gott hat bestimmt, wer schließlich Hoherpriester sein soll, was bei Zadok und seinen Söhnen zu sehen ist (Hes 44,15; 16; Hes 48,11). Jemand ist Hoherpriester aufgrund einer Berufung, nicht durch Anmaßung. So wie Aaron von Gott berufen war, so ist auch Christus von Gott berufen, wenn auch auf eine Weise, die zugleich einen großen Unterschied zu der Berufung Aarons aufweist.

Du siehst also in den Heb 5,1-4 einige Übereinstimmungen zwischen Aaron und Christus. Ich stelle sie noch einmal einander gegenüber und entdecke das Folgende:
1. Sowohl Christus als auch Aaron sind für Menschen bestellt in den Sachen mit Gott,
2. sie opfern für die Sünden das Volkes und
3. nehmen sich nicht selbst die Ehre.

Doch es gibt auch Unterschiede, und die sind zahlreicher als die Übereinstimmungen.
1. So ist Aaron aus Menschen genommen, während Christus Mensch geworden ist und zugleich der eingeborene Sohn Gottes ist;
2. Aaron ist mit Schwachheit behaftet, mit der Neigung, zu sündigen, während Christus ohne Sünde ist;
3. Aaron musste für sich selbst opfern, während Christus sich selbst für andere opferte.

Im nächsten Abschnitt wird noch auf den Unterschied hingewiesen
1. zwischen der Weise, wie Aaron berufen wurde, und der Weise, wie Christus berufen wurde (Heb 5,5), und
2. auf den Unterschied zwischen dem Priestertum nach der Ordnung Aarons und dem nach der Ordnung Melchisedeks (Heb 5,6).
3. In Heb 5,5 wird durch Psalm 2 bestätigt, dass die Herrlichkeit der Berufung Christi zum Hohenpriester größer ist als die Berufung Aarons (Ps 2,7).
4. In Heb 5,6 wird die Herrlichkeit der Priesterordnung Christi gegenüber der von Aaron durch Psalm 110 beleuchtet (Ps 110,4).

Heb 5,5. Wir schauen uns zuerst die Anführung aus Psalm 2 an, wo die Herrlichkeit seiner Person deutlich wird (Ps 2,7). Der Anfang des Verses zeigt noch Übereinstimmung mit Aaron. Christus hat nie seine eigene Ehre gesucht, auch nicht im Hohepriestertum. Doch dann kommt der Gegensatz: Er ist persönlich der Sohn. Das verleiht seinem Hohenpriestertum eine viel höhere Würde als dem Aarons. Er wurde in Maria durch Gott gezeugt (Lk 1,35), und darum ist Er auch als Mensch der Sohn Gottes. Dieser Mensch ist der Hohepriester bei Gott, was Er als Gott der Sohn nicht war und nicht sein konnte. Doch erst als Er Mensch geworden war, konnte Er Hoherpriester werden.

Heb 5,6. Die andere Anführung, aus Psalm 110 (Ps 110,4) fügt noch mehr Herrlichkeit hinzu, was aus den einleitenden Worten deutlich wird: „Wie er auch an einer anderen Stelle sagt …“ Der Schreiber schöpft, natürlich unter der Leitung des Heiligen Geistes, aus dem Reichtum des Wortes Gottes, um immer wieder einen anderen Lichtstrahl auf Christus fallen zu lassen. Er geht dabei nicht beliebig vor, sondern zitiert immer wieder Abschnitte, die den Glanz und die Ehre Christi vergrößern und also seine Darlegung bekräftigen und verdeutlichen.

In der Anführung von Psalm 110 wird die Herrlichkeit des Amtes Christi deutlich. Psalm 110 ist ein Psalm, der, wie viele Psalmen, auf das Friedensreich Bezug hat. Die Feinde des Messias sind dann als Schemel seiner Füße hingelegt (Ps 110,1). Er empfängt den Stab seiner Macht aus Zion (Ps 110,2) inmitten eines willigen und feiernden Volkes Gottes (Ps 110,3), während Er feindliche Könige zerschmettert und die Nationen richtet (Ps 110,5; 6). Bei all dieser Herrlichkeit und Großartigkeit gibt es auch einen Rückblick auf sein Leben auf der Erde, als Er von Gottes Erquickungen abhängig war (Ps 110,7).

Aus den beiden Anführungen (Psalm 2 und Psalm 110) wird deutlich, dass Gott erklärt: Der Messias ist sowohl Sohn als auch Priester. Sohnschaft und Priestertum sind dadurch sehr eng miteinander verbunden. Das gilt für Christus, und das gilt auch für uns.

Ich gehe hier noch nicht auf die „Ordnung Melchisedeks“ ein, denn die wird in Hebräer 7 näher erläutert. Was jedoch hier auffällt, ist, dass Er nicht Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks ist, sondern Priester nach der Ordnung Melchisedeks. Dazu gibt es hier eine schöne Erklärung. Voraussetzung für einen Hohenpriester ist, dass andere Priester da sind, doch als Priester nach der Ordnung Melchisedeks ist der Herr Jesus allein.

Die Ordnung Melchisedeks ist eine Ordnung des Segens: Melchisedek segnete Abraham von Gott und pries Gott für das, was Er für Abraham getan hatte (1Mo 14,18-20). Nach dieser Ordnung ist der Herr Jesus König-Priester, der Segen von Gott für das Volk Gottes auf der Erde bringt. Das wird im tausendjährigen Friedensreich seine volle Erfüllung finden. Das Priestertum Melchisedeks, das im Alten Testament nur in 1. Mose 14 und in Psalm 110 erwähnt wird, gab es schon vor dem Priestertum Aarons und wird auch bestehen bleiben, wenn das Aarons nicht mehr notwendig ist.

Heb 5,7. In diesem Vers weist der Schreiber auf beeindruckende Weise auf das hin, was im Leben Aarons oder Melchisedeks keinen Platz hatte, wohl aber im Leben Christi. Zwischen seiner Zeugung als Sohn Gottes auf der Erde und seiner Verherrlichung zum Priester im Himmel liegen die Tage seines Fleisches auf der Erde. Seine Herrlichkeit bringt Ihn nicht näher zum Elend des Menschen, das tut seine Geschichte auf der Erde.

In dem, was hier von Ihm geschildert wird, lernst du, wie wirklich Er imstande ist, an deiner Mühe und deinem Kummer teilzunehmen. Auf der Erde („in den Tagen seines Fleisches“) durchstand Er, in Abhängigkeit von Gott, die ganze Todesangst. Er flehte, davon befreit zu werden, denn Er wollte sich nicht selbst befreien, weil Er doch gekommen war, um zu gehorchen. Sein Leben auf der Erde befähigte Ihn, in Verbindung mit uns Hoherpriester zu werden. Zugleich führte sein Leben auf der Erde zu dem Opfer seiner selbst, und darin ist Er einmalig.

Er brachte keine Bitten und kein Flehen dar, als Er in der Wüste durch Satan versucht wurde. Doch das tat Er in Gethsemane, als Er die bevorstehende Gottverlassenheit vor Augen hatte. Alle Leiden von Seiten des Menschen ertrug Er mit Freude, etwas, was mancher Märtyrer in seiner Nachfolge ebenfalls tat. Aber zur Sünde gemacht zu werden, dem konnte Er nicht mit Freude entgegensehen. Darin konnte Ihm auch niemand folgen. Als Er das vor sich sah, brachte Er Seine Bitten und sein Flehen dar, sandte sie nach oben.

Er tat das in dem Vertrauen, dass Gott Ihn aus dem Tod erretten konnte. Es ging nicht darum, dass Er von dem Tod befreit werden wollte, denn der war notwendig. Das wusste Er, und darum bat Er: „Doch nicht mein Wille, sondern der deine geschehe“ (Lk 22,42). Und Er wurde erhört, denn Gott hat Ihn auferweckt! Er ist seiner Frömmigkeit wegen erhört worden, wegen seines vollkommenen Vertrauens auf seinen Gott, seiner völligen Hingabe, seiner Abhängigkeit. Was für ein Herr!

Lies noch einmal Hebräer 5,1–7.

Frage oder Aufgabe: Zähle einige Herrlichkeiten des Herrn Jesus aus diesem Abschnitt auf und danke Gott dafür.

Verse 8-14

Milch und feste Speise


Den letzen Abschnitt haben wir mit dem Blick auf eine besondere Zeit im Leben des Herrn Jesus auf der Erde beendet. Der Schreiber hat uns dort nach Gethsemane mitgenommen, wo der Herr Jesus mit dem tiefsten Leiden konfrontiert wurde, das einen Menschen jemals treffen konnte. Er empfand das Leiden auf dem Kreuz auf ganz intensive Weise im Voraus. Voller Ergebung wandte Er sich an seinen Vater, bat Ihn und flehte Ihn an, von diesem Leiden errettet zu werden. Er nahm den Willen seines Vaters völlig an und fügte sich dessen Willen. Ich denke, dass du in dieser Szene den Höhepunkt eines Lebens im Gehorsam findest.

Heb 5,8. Sein ganzes Leben war Leiden, Leiden als Folge von Versuchungen, die auf Ihn zukamen, weil Er Gott vollkommen gehorsam war. Bevor Er Mensch wurde, war Gehorchen für Ihn eine fremde Sache. Im Himmel musste Er niemandem gehorchen. Im Himmel konnte Er nicht mit Gehorsam vertraut gemacht werden. Dort gehorchten Ihm die Engel. Doch als Er auf die Erde kam, nahm Er einen Platz der Unterordnung ein, zuallererst Gott, aber auch seinen Eltern gegenüber (Lk 2,51). Er musste also das Gehorchen in die Praxis umsetzen und in diesem Sinn lernen, was Gehorchen ist.

Heb 5,9. Anders als wir hatte Er keinen eigenen Willen. Er musste sich nichts abgewöhnen, bei Ihm musste nichts im Zaum gehalten oder umgebogen werden. Bei Ihm gab es nichts, was nicht untertan war. Auf diese Weise wurde Er durch sein Leben auf der Erde völlig in die Lage versetzt, im Himmel seinen hohepriesterlichen Dienst für uns ausüben zu können – für uns, die ebenfalls in einer Stellung sind, wo wir gehorchen müssen. Er wurde gehorsam bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz (Phil 2,8).

Gehorsam war das Geheimnis seines Weges. Gehorsam ist auch das Geheimnis deines Weges, wodurch du nicht in die Fallstricke des Feindes gerätst. Wenn du Ihm gehorchst, der durch seinen Gehorsam vollkommen das Ende erreicht hat, wird Er auch dich dorthin bringen, wo Er nun schon ist. Durch seinen hohepriesterlichen Dienst bewahrt Er dich vor den Gefahren und Versuchungen der Wüste, bis du die endgültige Errettung, die Sabbatruhe, erreicht hast. Er ist der Urheber „ewigen Heils“, das heißt, dass die Tragweite und die Segnungen dieser Errettung bis in alle Ewigkeit reichen.

Heb 5,10. Weil Christus seinen Weg auf der Erde vollendet hat, ist Er „vollkommen“ geeignet, unser Hoherpriester zu sein. Wegen seines vollkommen gehorsamen Lebens konnte Gott Ihn als Hohenpriester nach der Ordnung Melchisedeks begrüßen. Gott redete Ihn nach seinem Werk auf der Erde so an und bestätigte damit seinen Dienst, den Er nun im Himmel für uns tut. Nachdem Gott Ihn (in Heb 5,6) zu diesem Dienst berufen hatte, wird Er nun (in Heb 5,10) als solcher von Gott begrüßt, um mit diesem Dienst zu beginnen.

Der notwendigen Bedingung hatte Er entsprochen: Er war vollendet worden. Ein Priester, der der Sohn Gottes war, hätte wenig für uns tun können, wenn Er nicht durch Erfahrung die Voraussetzung für seinen Dienst kennengelernt hätte. Gerade weil Er aus eigener Erfahrung weiß, womit du vielleicht zu kämpfen hast, ist Er vollkommen imstande, dir zu helfen. Er ist die absolute Garantie für deine endgültige, ewige Errettung.

Heb 5,11. Mit diesem Vers beginnt ein dritter Einschub, der bis Kapitel 6,11 geht. Ein Einschub ist eine Unterbrechung in der Ausführung des Schreibers, in der er seine Leser mit Nachdruck auffordert, seine Belehrung zu Herzen zu nehmen, und ihnen sagt, was die Folgen sind, wenn sie das nicht tun. Im ersten Einschub hatte er sie ermahnt, nicht vom Wort abzugleiten (Hebräer 2,1–4) und nicht am Wort zu zweifeln (Hebräer 3,7–4,13). Die Ermahnung in diesem dritten Einschub lautet, das Wort nicht langweilig zu finden, denn das hätte Trägheit im Glauben zur Folge.

Der Schreiber weist darauf hin, dass über Ihn – das heißt über Christus als Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks – noch viel zu sagen wäre. Darüber würde er gern weiter mit ihnen sprechen, aber das wäre nur möglich, wenn bei den Lesern eine passende geistliche Gesinnung vorhanden wäre, und die war nicht da. In diesem Einschub will er versuchen zu erreichen, dass sie (geistlich) so weit kommen, dass er doch mit ihnen darüber sprechen kann.

Im Augenblick jedoch war diese Sache schwierig zu erklären. Das lag nicht an seinen Qualitäten als Lehrer, sondern an seinen Schülern. Sie konnten wegen ihrer geistlichen Trägheit seine Belehrung nicht aufnehmen. Nicht immer waren sie träge gewesen, aber sie waren träge geworden. Sie waren lau geworden und hatten ihre erste Frische verloren. Es gibt nichts, was in geistlichen Dingen so träge macht wie religiöse Tradition.

Wenn die himmlischen Dinge ihren Glanz verlieren, gewinnen die irdischen Dinge wieder an Einfluss und Bedeutung, und das brachte es mit sich, dass seine Leser nur zögerlich der christlichen und himmlischen Berufung folgten. Es fehlte ihnen nicht an Intelligenz, und er stellte auch nicht eine feindselige oder weltliche Gesinnung fest. Die Ursache dafür war, dass sie im Herzen wieder nach den alten religiösen Formen des Judentums verlangten. Das hinderte sie, in der Wahrheit Gottes, wie sie im Christentum offenbart ist, praktisch zu wachsen.

Sie wollten wohl auf die Belehrung Christi auf der Erde hören, denn das war mit ihrer Religion verbunden. Dann blieb wenigstens das Sichtbare und Greifbare bestehen, und ihre Religion gab ihnen Halt. Der verherrlichte Christus als die Erfüllung all dieses Sichtbaren und Greifbaren war noch nicht alles für sie. Wenn ihnen darüber etwas erzählt wurde, wurden sie im Hören träge. Dadurch verstanden sie ihre wahre christliche Stellung nicht.

Heb 5,12. Aber sie waren doch schon so lange Christen, dass sie in der Lage hätten sein müssen, andere zu unterweisen. Stattdessen hatten sie es selbst nötig, wieder über die ersten Anfänge der Aussprüche Gottes belehrt zu werden. Sie hätten Lehrer sein sollen in dem Sinn, dass sie geistlich so gewachsen waren, dass sie die geistlichen Dinge miteinander hätten teilen können. Aber die alten Formen ihrer Religion, die sie bei ihrer Bekehrung aufgegeben hatten, begannen wieder anziehend zu werden.

Du kannst dir kaum ein größeres Hindernis für das Fortschreiten im geistlichen Leben und das Wachsen in der geistlichen Erkenntnis ausdenken. Meist wird das Festhalten an einer alten Religionsform als der Beweis für Frömmigkeit angesehen, während in Wirklichkeit Formendienst ein Hindernis bildet zwischen deiner Seele und dem, was Gott dir zeigen will.

Ein weiteres Hindernis für dein geistliches Wachstum bilden die Weisheit und die Philosophie der Welt (1Kor 2,6; 1Kor 3,1; 2). In Kolosser 2 werden beide Hindernisse zusammen „Elemente der Welt“ genannt und Christus gegenübergestellt (Kol 2,8). Sowohl religiöse Überlieferung als auch weltliche Weisheit sind Feinde des Glaubens. Nur durch das Wort Gottes, dessen Mittelpunkt Christus ist, wird der Glaube genährt.

Die Hebräer waren wegen ihrer Trägheit im Hören nicht nur in ihrem geistlichen Wachstum steckengeblieben, sondern sie waren wieder zum Anfang zurückgefallen. Dadurch mussten sie erneut über das belehrt werden, was sie längst wussten, aber seine Bedeutung für ihr Herz verloren hatte. Es hatte in ihrem Leben keine Autorität mehr. Sobald das Wort Gottes nicht mehr dein Herz füllt und dein Leben bestimmt, nickst du ein und läufst Gefahr, zur Welt zurückzukehren. Dann hast du es nötig, wieder über die Elemente der Aussprüche Gottes belehrt zu werden, auf das, was Christus auf der Erde geredet hatte (Heb 6,1; Heb 1,2).

Heb 5,13-14. Dieses Reden Christi auf der Erde nennt der Schreiber „Milch“. Milch ist das Wort von und über Christus auf der Erde. Feste Speise konnten sie noch nicht vertragen. Feste Speise ist die Belehrung darüber, dass Christus jetzt im Himmel ist. Als Christ lebst du von Milch, wenn du beispielsweise die Bergpredigt (Mt 5–7) als Norm für dein christliches Leben nimmst, während du nicht über deine himmlische Stellung in Christus nachdenkst. Es ist nicht verkehrt, ein Baby zu sein, wohl aber, eins zu bleiben oder so zu tun, als wäre man wieder eins.

Wenn du über deine himmlische Stellung in Christus nachdenkst, bist du mit fester Speise beschäftigt oder, wie das in Heb 5,13 genannt wird, mit dem „Wort der Gerechtigkeit“. Du bist dann mit der Gerechtigkeit Gottes beschäftigt, die durch das vollkommene Werk Christi das Teil eines jeden ist, der glaubt. Aufgrund dieser Gerechtigkeit hat Christus den Platz bekommen, den Er jetzt im Himmel einnimmt und den du in Ihm dort hast. Bist du darin unerfahren (obwohl du es besser hättest wissen müssen!), dann bist du ein kleines Kind. Um es mit den Worten von Galater 4 zu sagen, wo es um dieselben Dinge geht: Du bist ein Unmündiger (Gal 4,1-7).

Demgegenüber steht der geistlich Erwachsene, der ein gesundes geistliches Wachstum erfahren hat und der seine Stellung in Christus kennt und danach lebt. Geistlich erwachsen werden ist kein Automatismus, sondern die Folge von der Gewöhnung, deine Sinne zu üben. Mit „Sinne“ ist dein Wahrnehmungsvermögen oder Unterscheidungsvermögen gemeint. Dein geistliches Wachstum hängt in hohem Maß davon ab, ob du Gut und Böse unterscheiden kannst. Wenn du dein Auge auf den himmlischen Christus richtest, bist du nicht ein weltfremder Sonderling, sondern du bekommst Verständnis dafür, was es heißt, das Gute zu tun und das Böse zu lassen.

Lies noch einmal Hebräer 5,8–14.

Frage oder Aufgabe: Gibt es Dinge in deinem Leben, die dein geistliches Wachstum hindern?

Verse 8-14

Milch und feste Speise


Den letzen Abschnitt haben wir mit dem Blick auf eine besondere Zeit im Leben des Herrn Jesus auf der Erde beendet. Der Schreiber hat uns dort nach Gethsemane mitgenommen, wo der Herr Jesus mit dem tiefsten Leiden konfrontiert wurde, das einen Menschen jemals treffen konnte. Er empfand das Leiden auf dem Kreuz auf ganz intensive Weise im Voraus. Voller Ergebung wandte Er sich an seinen Vater, bat Ihn und flehte Ihn an, von diesem Leiden errettet zu werden. Er nahm den Willen seines Vaters völlig an und fügte sich dessen Willen. Ich denke, dass du in dieser Szene den Höhepunkt eines Lebens im Gehorsam findest.

Heb 5,8. Sein ganzes Leben war Leiden, Leiden als Folge von Versuchungen, die auf Ihn zukamen, weil Er Gott vollkommen gehorsam war. Bevor Er Mensch wurde, war Gehorchen für Ihn eine fremde Sache. Im Himmel musste Er niemandem gehorchen. Im Himmel konnte Er nicht mit Gehorsam vertraut gemacht werden. Dort gehorchten Ihm die Engel. Doch als Er auf die Erde kam, nahm Er einen Platz der Unterordnung ein, zuallererst Gott, aber auch seinen Eltern gegenüber (Lk 2,51). Er musste also das Gehorchen in die Praxis umsetzen und in diesem Sinn lernen, was Gehorchen ist.

Heb 5,9. Anders als wir hatte Er keinen eigenen Willen. Er musste sich nichts abgewöhnen, bei Ihm musste nichts im Zaum gehalten oder umgebogen werden. Bei Ihm gab es nichts, was nicht untertan war. Auf diese Weise wurde Er durch sein Leben auf der Erde völlig in die Lage versetzt, im Himmel seinen hohepriesterlichen Dienst für uns ausüben zu können – für uns, die ebenfalls in einer Stellung sind, wo wir gehorchen müssen. Er wurde gehorsam bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz (Phil 2,8).

Gehorsam war das Geheimnis seines Weges. Gehorsam ist auch das Geheimnis deines Weges, wodurch du nicht in die Fallstricke des Feindes gerätst. Wenn du Ihm gehorchst, der durch seinen Gehorsam vollkommen das Ende erreicht hat, wird Er auch dich dorthin bringen, wo Er nun schon ist. Durch seinen hohepriesterlichen Dienst bewahrt Er dich vor den Gefahren und Versuchungen der Wüste, bis du die endgültige Errettung, die Sabbatruhe, erreicht hast. Er ist der Urheber „ewigen Heils“, das heißt, dass die Tragweite und die Segnungen dieser Errettung bis in alle Ewigkeit reichen.

Heb 5,10. Weil Christus seinen Weg auf der Erde vollendet hat, ist Er „vollkommen“ geeignet, unser Hoherpriester zu sein. Wegen seines vollkommen gehorsamen Lebens konnte Gott Ihn als Hohenpriester nach der Ordnung Melchisedeks begrüßen. Gott redete Ihn nach seinem Werk auf der Erde so an und bestätigte damit seinen Dienst, den Er nun im Himmel für uns tut. Nachdem Gott Ihn (in Heb 5,6) zu diesem Dienst berufen hatte, wird Er nun (in Heb 5,10) als solcher von Gott begrüßt, um mit diesem Dienst zu beginnen.

Der notwendigen Bedingung hatte Er entsprochen: Er war vollendet worden. Ein Priester, der der Sohn Gottes war, hätte wenig für uns tun können, wenn Er nicht durch Erfahrung die Voraussetzung für seinen Dienst kennengelernt hätte. Gerade weil Er aus eigener Erfahrung weiß, womit du vielleicht zu kämpfen hast, ist Er vollkommen imstande, dir zu helfen. Er ist die absolute Garantie für deine endgültige, ewige Errettung.

Heb 5,11. Mit diesem Vers beginnt ein dritter Einschub, der bis Kapitel 6,11 geht. Ein Einschub ist eine Unterbrechung in der Ausführung des Schreibers, in der er seine Leser mit Nachdruck auffordert, seine Belehrung zu Herzen zu nehmen, und ihnen sagt, was die Folgen sind, wenn sie das nicht tun. Im ersten Einschub hatte er sie ermahnt, nicht vom Wort abzugleiten (Hebräer 2,1–4) und nicht am Wort zu zweifeln (Hebräer 3,7–4,13). Die Ermahnung in diesem dritten Einschub lautet, das Wort nicht langweilig zu finden, denn das hätte Trägheit im Glauben zur Folge.

Der Schreiber weist darauf hin, dass über Ihn – das heißt über Christus als Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks – noch viel zu sagen wäre. Darüber würde er gern weiter mit ihnen sprechen, aber das wäre nur möglich, wenn bei den Lesern eine passende geistliche Gesinnung vorhanden wäre, und die war nicht da. In diesem Einschub will er versuchen zu erreichen, dass sie (geistlich) so weit kommen, dass er doch mit ihnen darüber sprechen kann.

Im Augenblick jedoch war diese Sache schwierig zu erklären. Das lag nicht an seinen Qualitäten als Lehrer, sondern an seinen Schülern. Sie konnten wegen ihrer geistlichen Trägheit seine Belehrung nicht aufnehmen. Nicht immer waren sie träge gewesen, aber sie waren träge geworden. Sie waren lau geworden und hatten ihre erste Frische verloren. Es gibt nichts, was in geistlichen Dingen so träge macht wie religiöse Tradition.

Wenn die himmlischen Dinge ihren Glanz verlieren, gewinnen die irdischen Dinge wieder an Einfluss und Bedeutung, und das brachte es mit sich, dass seine Leser nur zögerlich der christlichen und himmlischen Berufung folgten. Es fehlte ihnen nicht an Intelligenz, und er stellte auch nicht eine feindselige oder weltliche Gesinnung fest. Die Ursache dafür war, dass sie im Herzen wieder nach den alten religiösen Formen des Judentums verlangten. Das hinderte sie, in der Wahrheit Gottes, wie sie im Christentum offenbart ist, praktisch zu wachsen.

Sie wollten wohl auf die Belehrung Christi auf der Erde hören, denn das war mit ihrer Religion verbunden. Dann blieb wenigstens das Sichtbare und Greifbare bestehen, und ihre Religion gab ihnen Halt. Der verherrlichte Christus als die Erfüllung all dieses Sichtbaren und Greifbaren war noch nicht alles für sie. Wenn ihnen darüber etwas erzählt wurde, wurden sie im Hören träge. Dadurch verstanden sie ihre wahre christliche Stellung nicht.

Heb 5,12. Aber sie waren doch schon so lange Christen, dass sie in der Lage hätten sein müssen, andere zu unterweisen. Stattdessen hatten sie es selbst nötig, wieder über die ersten Anfänge der Aussprüche Gottes belehrt zu werden. Sie hätten Lehrer sein sollen in dem Sinn, dass sie geistlich so gewachsen waren, dass sie die geistlichen Dinge miteinander hätten teilen können. Aber die alten Formen ihrer Religion, die sie bei ihrer Bekehrung aufgegeben hatten, begannen wieder anziehend zu werden.

Du kannst dir kaum ein größeres Hindernis für das Fortschreiten im geistlichen Leben und das Wachsen in der geistlichen Erkenntnis ausdenken. Meist wird das Festhalten an einer alten Religionsform als der Beweis für Frömmigkeit angesehen, während in Wirklichkeit Formendienst ein Hindernis bildet zwischen deiner Seele und dem, was Gott dir zeigen will.

Ein weiteres Hindernis für dein geistliches Wachstum bilden die Weisheit und die Philosophie der Welt (1Kor 2,6; 1Kor 3,1; 2). In Kolosser 2 werden beide Hindernisse zusammen „Elemente der Welt“ genannt und Christus gegenübergestellt (Kol 2,8). Sowohl religiöse Überlieferung als auch weltliche Weisheit sind Feinde des Glaubens. Nur durch das Wort Gottes, dessen Mittelpunkt Christus ist, wird der Glaube genährt.

Die Hebräer waren wegen ihrer Trägheit im Hören nicht nur in ihrem geistlichen Wachstum steckengeblieben, sondern sie waren wieder zum Anfang zurückgefallen. Dadurch mussten sie erneut über das belehrt werden, was sie längst wussten, aber seine Bedeutung für ihr Herz verloren hatte. Es hatte in ihrem Leben keine Autorität mehr. Sobald das Wort Gottes nicht mehr dein Herz füllt und dein Leben bestimmt, nickst du ein und läufst Gefahr, zur Welt zurückzukehren. Dann hast du es nötig, wieder über die Elemente der Aussprüche Gottes belehrt zu werden, auf das, was Christus auf der Erde geredet hatte (Heb 6,1; Heb 1,2).

Heb 5,13-14. Dieses Reden Christi auf der Erde nennt der Schreiber „Milch“. Milch ist das Wort von und über Christus auf der Erde. Feste Speise konnten sie noch nicht vertragen. Feste Speise ist die Belehrung darüber, dass Christus jetzt im Himmel ist. Als Christ lebst du von Milch, wenn du beispielsweise die Bergpredigt (Mt 5–7) als Norm für dein christliches Leben nimmst, während du nicht über deine himmlische Stellung in Christus nachdenkst. Es ist nicht verkehrt, ein Baby zu sein, wohl aber, eins zu bleiben oder so zu tun, als wäre man wieder eins.

Wenn du über deine himmlische Stellung in Christus nachdenkst, bist du mit fester Speise beschäftigt oder, wie das in Heb 5,13 genannt wird, mit dem „Wort der Gerechtigkeit“. Du bist dann mit der Gerechtigkeit Gottes beschäftigt, die durch das vollkommene Werk Christi das Teil eines jeden ist, der glaubt. Aufgrund dieser Gerechtigkeit hat Christus den Platz bekommen, den Er jetzt im Himmel einnimmt und den du in Ihm dort hast. Bist du darin unerfahren (obwohl du es besser hättest wissen müssen!), dann bist du ein kleines Kind. Um es mit den Worten von Galater 4 zu sagen, wo es um dieselben Dinge geht: Du bist ein Unmündiger (Gal 4,1-7).

Demgegenüber steht der geistlich Erwachsene, der ein gesundes geistliches Wachstum erfahren hat und der seine Stellung in Christus kennt und danach lebt. Geistlich erwachsen werden ist kein Automatismus, sondern die Folge von der Gewöhnung, deine Sinne zu üben. Mit „Sinne“ ist dein Wahrnehmungsvermögen oder Unterscheidungsvermögen gemeint. Dein geistliches Wachstum hängt in hohem Maß davon ab, ob du Gut und Böse unterscheiden kannst. Wenn du dein Auge auf den himmlischen Christus richtest, bist du nicht ein weltfremder Sonderling, sondern du bekommst Verständnis dafür, was es heißt, das Gute zu tun und das Böse zu lassen.

Lies noch einmal Hebräer 5,8–14.

Frage oder Aufgabe: Gibt es Dinge in deinem Leben, die dein geistliches Wachstum hindern?

Bibliographical Information
de Koning, Ger. Commentaar op Hebrews 5". "Kingcomments op de hele Bijbel". https://www.studylight.org/commentaries/ger/kng/hebrews-5.html. 'Stichting Titus' / 'Stichting Uitgeverij Daniël', Zwolle, Nederland. 2021.
 
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